Anton Günther
(1876 - 1937)
... der Sänger des Erzgebirges
Anton Günther wurde am 5. Juni 1876, als zweiter Sohn von Johannes und Elisabeth Günther, im böhmischen Grenzdorf Gottesgab geboren. Seinen Vater nannte man nur den Tholer Hans, weil er aus "Joachimsthal", also dem Thol, stammte. Der kleine Günther erhielt daher den Beinamen "Tholer-Hans-Tonl". Die Kindheit des Jungen war reich an Entbehrungen, denn der karge Lohn des Vaters und die kleine Landwirtschaft reichten nicht für die wachsende Kinderschar. So erspielte sich der Vater ein paar Groschen in der Grenzwirtschaft "Neues Haus", wo er Sonntags für die Jugend zum Tanz aufspielte. Anton begleitete den "Tholer Hans" oft und bekam so sein Gehör für die Musik, denn schon früh konnte er Lieder aus seinen Erinnerungen darbieten. Sein Gespür und Verständnis für die Heimat bekam er schon in der Kindheit. Egal ob beim Ziegenhüten, Holzholen oder Pilze sammeln lernte er sein Erzgebirge kennen. Zu seinem "Grußmütterle" pflegte er eine innige Beziehung. Im Jahre 1905 widmete er ihr sogar ein Lied. Bereits im Alter von 12 Jahren verliert Anton Günther die Mutter.
Originalpostkarte "Drham is drham" (1895), Anton Günther Selbstverlag
Gern wäre er Forstmann geworden. Sein Vater schickte ihn jedoch zum Lithographen Schmidt in die Lehre nach Buchholz. Der Meister sprach seinen begabten Lehrling bereits nach drei, anstatt vier, Lehrjahren frei. Im Jahre 1895 geht er in die entfernte Großstadt Prag. Hier arbeitet er für den kaiserlich, königlichen Hoflithographen A. Haase. In der großen Stadt fühlte sich Anton Günther nicht wohl, in einem seiner Lieder heißt es später: "..de Haiser sei do ganz aus Staa, de Menschen aah e su." So kam es, dass sich mehrere Eidgenossen zu den "Guttsgoher Obndn" trafen. In dieser heimatlichen Runde fehlte ein Lied in erzgebirgischer Mundart. Als ihm bei der täglichen Arbeit eine Melodie im Kopf herumspukte, verfasste Anton Günther sein erstes Lied "Drham is Drham". Da dieses Lied immer wieder vorgesungen und abgeschrieben werden musste, kam ihm der Gedanke, dieses Lied mit einem Notenbild und einer Zeichnung zu versehen. So entstand die Liedpostkarte.

Im Jahr 1901 erhielt Anton Günther ein Angebot aus Arhus in Dänemark. Nach längerem Überlegen schlug er die Lithographenstelle jedoch aus. Mittlerweile lebte er mit drei Geschwistern in der goldenen Stadt, welche der Vater im Herbst besuchte. Als dieser einige Wochen darauf verstarb, kehrte Anton Günther ins heimatliche Gottesgab zurück. Der Verkauf der Liedpostkarten gestaltete sich zum willkommenen Nebenverdienst, da die erzgebirgische Landwirtschaft nicht viel abwarf. Anton Günther trat stets im schlichten Lodenanzug auf. In den Jahren 1906 und 1907 sang er sogar vor seiner Majestät Friedrich August von Sachsen auf dem Fichtelberg. Ein Jahr später für den Erzherzog Karl Franz Josef, dem späteren Kaiser von Österreich, König von Böhmen und König von Ungarn, auf dem Keilberg. In diesem Jahr 1908 heiratete er die Zimmermannstochter Marie Zettl. Sie schenkte ihm drei Kinder. 1911 gründete Anton Günther die "Toler-Hans-Tonl-Stiftung", zur Unterstützung der Armen und Kranken in seinem Heimatort. 

Der erste Weltkrieg machte auch vor dem "Tonl" nicht Halt. So zog er im ersten Kriegsjahr für Österreich-Ungarn an die serbische Front. Dr. Gerhardt Heilfurth schreibt in seinem Anton Günther Buch von 1938 folgendes über diese Zeit: "1914 rief ihn der Krieg unter die österreichischen Fahnen. Auch draußen an der Front ruhte seine Sangeslust nicht. Eine große Reihe Lieder künden davon. Im Herbst 1916 wurde er durch einen Fußschuss schwer verwundet und dadurch untauglich. 1918 tat er noch Hilfsdienst in Kommodau, bis der schmähliche Zusammenbruch erfolgte und unsagbare Not über die Heimat kam. Anton Günther ging fest seinen Weg und linderte das Elend wo er konnte. Unentwegt zeigte er dem Grenzvolk in dieser schwersten Zeit die ewigen Quellen seiner Kraft. 1920 schrieb er: Stärker denn je ertönt gerade jetzt der Ruf "Vergaß dei Hamit net!" Der Krieg hatte seine Spuren hinterlassen, die Heimat hatte sich verändert. Noch dazu kam der Verlust vom geliebten "Grußmütterle", welches 1919 verstarb."
Die 1920 gegründete Tschechoslowakei sicherte allen Bürgern gleiche Rechte zu, es entstanden jedoch große Unterschiede zwischen dem Staatsvolk und der Sudetendeutschen Minderheit. Anton Günther litt schmerzlich unter dem politischen Verlust seiner Heimat und der völkischen Zerrissenheit. Noch war die Grenze zwischen Böhmen und Sachsen ohne Probleme passierbar und so sang er des öfteren in Oberwiesenthal, aber auch in Dresden, Berlin und Wien erklangen seine Lieder. Heftreihen, Schellackplatten und die Liedpostkarten von Anton Günther machten die erzgebirgische Mundart deutschlandweit bekannt. Sie wurde starker Bestandteil der deutschen Volksmusik.

In den dreißiger Jahren erweist sich das Schaffen Anton Günthers als rückläufig. Der "neue Wind" weht nicht so rein über den Erzgebirgskamm, wie er sollte. Neue Devisenbestimmungen schränkten die Verdienstmöglichkeiten ein. Die Schwermütigkeit von Anton Günther bereitete der Familie große Sorge. Zu seinem 60. Geburtstag, am 5. Juni 1936, wurde ihm noch einmal höchste Ehre zuteil. Zahlreiche Vereine, Medien, Chöre und Persönlichkeiten aus allen Lebensbereichen beglückwünschen ihn. In tiefster Dankbarkeit rief er erneut die "Toler-Hans-Tonl-Stiftung" ins Leben.

In dem letzten Brief an seinen Freund Max Wenzel kündigt Anton Günther indirekt sein Ableben an. Am 29. April 1937 setzt er seinem Tagewerk freiwillig ein Ende. Das ganze Erzgebirge trauerte und Tausende betteten ihn unter den wundersamen Klängen seines Feierabendliedes in die mütterliche Erde der stillen Kammlandschaft. (FS)
Noch heute verehrt das Erzgebirge Anton Günther als den "Sänger des Erzgebirges". Noch heute singen die Menschen seine Lieder. Noch heute gedenken sie seinem Schaffen. Noch heute erreicht er die Herzen seines Volkes. Er hat die Heimat singend gemacht. Voller Dankbarkeit nehme ich sein Erbe an.

Man darf wohl mit Fug und Recht behaupten, dass es ohne Anton Günther den "Schubert Frank aus Thum" nicht geben würde. Sein Nachlass ist mein Antrieb! 
Denn Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers!

Diese Zusammenfassung entstand unter Verwendung des Buches "Anton Günther - Leben und Werk" von Dr. Gerhard Heilfurth. Neu erschienen im "Sachsenbuch" - Verlag. ISBN 3 - 910148 - 89 - 1 

Ebenfalls zu empfehlen ist das Buch "Anton Günther - Freiheit zwischen Grenzen" von Manfred Günther und Lutz Walther. 
ISBN 978 - 3 - 910195 - 64 -6

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